Schreibelust

Ich hatte gerade so einen Drang danach, zu schreiben, dass ich nachgeben musste. Man sollte nicht allen Drängen nachgehen, aber den guten – so schnell es geht! Und ich saß eh schon am Computer. Mein Internet ist zur Zeit unheimlich langsam. Wir wohnen immer noch in Kununurra oder sollte ich sagen wieder… nach einem kurzen Abstecher Richtung Osten, der uns mit einem „verlorenen“ Auto schneller beendet wurde, als geplant, sind wir auch direkt wieder nach Westen gereist. Nach Hause sozusagen.

Ich liebe Kununurra und alles, was damit kommt. Die Abgeschiedenheit. Die Sturköpfigkeit mancher Menschen und manche hinterwälderischen Gedanken und Einstellungen. Man ist eben ein bisschen abgeschnitten von der modernen Welt. Das merke ich vor allem, wenn es um meinen Veganismus geht. Wenn man in allen Cafés in Perth und Sydney und Melbourne Soyamilch bekommt, ist das hier noch keine Selbstverständlichkeit. Meistens zum Glück schon.

Ich saß also am Schreibtisch, um unsere Testamente auszufüllen. Keine Sorge, uns geht es beiden gut und wir haben keinerlei Grund zu glauben, dass wir demnächst in die Kiste hüpfen, ganz im Gegenteil. Wir fangen wieder mehr an zu Leben. Wir beantragen ein Visum, mit dem wir erlaubt sind, in Australien zu leben, richtig zu immigrieren. Voraussetzungen gibt es viele. Und da sich die alle halbe Jahr ändern, kann man kaum ohne Agenten arbeiten und wir haben uns, dank Emma, für Deanne von Koala Oz entschieden und sie hat uns schon um die 50 eMails geschickt und Dokumente zum Ausfüllen. Ich glaube, wir sind ein echter Spezialfall für sie. Nicht nur mein Nachname Löger, den ich in englischsprachigen Ländern Loeger schreiben muss (und nicht nur Loger, was für englische Menschen leichter nachvollziehbar wäre), sondern auch Steve’s Nachname, den seine Mutter nie richtig beantragt hat. Ihre erste Ehe lief nicht, also gab es eine zweite und während dieser hat sie Steve’s Pass beantragt und der kam dann im Namen ihres zweiten Mannes, obwohl Steve’s Geburtsurkunde ihn unter dem Nachnamen Lawrence in die Welt losgelassen hat. Tja. Zum Glück ist unsere Agentin pfiffig und konnte das irgendwie lösen. Uns fehlen trotzdem noch Informationen, wann Steve an welcher Schule war und wo gewohnt hat. Von wann bis wann er wo gearbeitet hat etc. Ich sage euch, nach dieser Visabearbeitungen weiß ich wirklich ALLES über ihn. Alles, alles, alles. Auch über seine Mutter und ihre inzwischen drei Ehen und zwei Scheidungen.

Wir haben jetzt ein Haus. Natürlich nur gemietet. Wer will sich heut zu Tage schon auf einen Ort festlegen, nur weil man dort ein Haus besitzt… achja – der Großteil der Menschheit. Nicht ich. Und nicht MEHR Steve, Er hat sich wirklich verändert innerhalb der letzten Monate und Jahre und das ist auch gut so. Endlich träumt er etwas größer und realisiert, dass wenn er mich um Hilfe bittet, seine Träume zu realisieren, die Chance, dass sie realisiert werden von 0,000000001% auf 50% steigt. Nur 50% weil sich Träume ändern.

Unserer Carla geht es gut. Sie muss demnächst wieder zu ihrer jährlichen Untersuchung, also eine kurze Autoreise in der Transportbox – mag sie ja gar nicht.

Ich mache Freiwilligenarbeit bei Kangaroo Haven, einer wildlife rescue station. Hauptsächlich Wallabies und Kängurus und Wallroos, die übrigens kein Papa war Kämguru, Mutter Wallaby Mischung oder anders herum sind, sondern eine ganz eigene Gattung. Ich hatte auch vier Wochen lang meinen kleinen Philly in meinem Top. Inzwischen ist er zu groß und soll mit den anderen Wallabies spielen. Das war ein schrecklicher Abschied – obwohl der Kopf sagt, das ist richtig so.

Ansonsten tut sich EINIGES in veganer Hinsicht. Ich habe, seit wir Anfang August in unser Haus gezogen sind, jeden Mittwoch ein Dinner bei uns zu Hause, das ich Vegan Wednesday nenne und ich habe im Schnitt sieben Gäste, die mit Vor-, Haupt- und Nachspeise verwöhnt werden. Überraschenderweise sind manche dieser Gäste schon vegan, andere nur neugierig, aber alle aufgeschlossen und interessiert, was richtig schön zu beobachten ist. Steve nimmt inzwischen auch regelmäßig teil, isst aber immer noch ab und an ein Salami- oder Schinkensandwich. Ich bemühe mich sehr, das nicht mehr als persönlichen Angriff zu sehen, aber es ist schwer, mir einzureden, dass ich andere Menschen beeinflussen kann, wenn ich nicht einmal die Person ganz vegan kriege, für die ich koche und einkaufe und meine Tage und Wochen und Monate verbringe. Ich mache Fortschritte. Kleine, aber stetige.

Was mich auch richtig überrascht hat, ist, dass ich gerade eine DEUTSCHE enge Freundin habe, hier in Kununurra. Eigentlich regen mich Deutsche ja sofort auf. Eingeschränktes Denken. Ständig beschweren, selbst über Kleinigkeiten. Alles negative fünfmal aufwärmen und dabei 100 positive Sachen übersehen. Tja, meine Franzi ist eben anders. Und ihre Bell auch, ihr deutscher oder vielleicht belgischer Schäferhund. Adoptiert aus Griechenland, aufgezogen in Deutschland und mit nach Australien eingeführt.

Mein Ziel für diesen November ist es, täglich 3l zu trinken. Es ist hier gerade Übergangszeit zwischen Trocken- und Regenzeit und nach jedem Regen ist es zwar ein paar Grad kühler, aber dafür auch richtig schwül. Und mit kühler meine ich „nur“ 38 Grad. Wenn es warm wird, haben wir um die 45°C. Ich friere inzwischen bei 25°C außen. Und laufe in Winterjacke und Thermounterwäsche herum, wenn ich morgens um 5h bei 9°C die Kängurus füttere – im Juli. In Australien sind ja die Jahreszeiten umgedreht, aber dadurch, dass Sommer hier Regenzeit heißt, fühlt sich fast schon wie Winter an und dann stimmt es wieder überein mit den deutschen Jahreszeiten.

Wir verbringen unser drittes Weihnachten in Folge in Australien. Geplant war, dass wir über Weihnachten heimfliegen, aber die Visakosten sind doch um Einiges höher als gedacht und eine der Konditionen ist auch, dass der Steve für zwei weitere Jahre bei KMS als Maler arbeiten muss. Da konnten wir dann nicht, nachdem sie gerade $3000 in sein Visum reingesteckt haben, sagen, dass wir fast zwei Monate in den Urlaub wollen. Stattdessen geht es im März und April zurück nach Europa. Eine super gute Freundin heiratet in kleinem Rahmen mit 300 Gästen 😀 Und meine liebe Mama wird 60! Ihr Bescuh in Australien verzögert sich auch noch. Sie wartet lieber, bis sie Frühretnerin ist und dann mehr Zeit hat, um mich zu besuchen. Kann es gar nicht erwarten ihr mein Australien zu zeigen – mein Kununurra.

Ich arbeite immer noch als Putzfrau. Ich verdiene einfach so viel mehr, als in jedem anderen Beruf hier und genieße es so sehr, mein eigener Chef zu sein, dass es mir richtig schwer fallen wird, wenn sich das wieder ändert. Die zwei Monate in Deutschland/England bringen dann aber wirlich das Ende. Wenn wir zurück kommen fängt auch die Trockenzeit und damit Touristensaison an und ich steige ins Hotelbusiness ein. So richtig. Was genau, weiß ich natürlich noch nicht, aber ich bin mir sicher es wird toll und spannend und eine Herausforderung, genau so, wie ich das möchte.

Oh Mann, ich habe das Schreiben wirklich vermisst. Vielleicht klappt es ja dieses Mal, dass ich dabei bleibe. Ideen habe ich natürlich wie immer, viele.

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